Graf Folke Bernadotte wird am 2.1.1895 in Stockholm geboren. Er ist der Sohn von Prinz Oscar,
dem Bruder des Schwedischen Königs Gustav V. Jener hatte allerdings wegen einer großen Liebe auf das Recht der Thronfolge und den Namen des Königshauses verzichtet und den Namen eines Grafen B
ernadotte angenommen. Folke wächst aber in enger Verbindung zum Königshaus auf.
Nach der Schule tritt er der Kadettenschule der Gardedragoner bei. Für ein Mitglied der Herrscherfamilie ist dies selbstverständlich. Während dieser Zeit wandelt sich der religiöse, schüchterne Graf zu einem weltoffenen und gewandten jungen Mann. Es scheint, als würde seine Laufbahn irgendwann als General enden. Doch ein plötzlicher Blutsturz macht dieser Karriere ein Ende. Der Soldatenberuf ist zu anstrengend für seine Gesundheit und er muss 1933 das Heer verlassen.
In der Zwischenzeit heiratete er auch Estelle Romaine Manville, die Tochter eines amerikanischen Multimillionärs. Daher braucht er sich um Geld keine Sorge zu machen, auch wenn er kein Gehalt mehr bezieht. Seine Versuche, als Geschäftsmann sein Geld zu verdienen schlagen fehl. Er kann es sich aber leisten, trotzdem mit seiner Familie die Welt zu bereisen.
Da kein Beruf Ihm Zeit nimmt, widmet er seine ganze Kraft der ehrenamtlichen Tätigkeit. Während eines Spaziergangs trifft er zufällig auf ein Lager der Schwedischen Pfadfinder, deren Vorsitzender sein Vetter Prinz Gustav Adolf ist. Dieses Lager, sowie der Geist der Pfadfinderei begeistert Folke Bernadotte sofort. Das Leben in der Natur, die Anständigkeit, die edlen Pfadfindergesetze, die weltweite Bruderschaft… Graf Folke Bernadotte wird sich bewusst, dass er hier seinem Land noch besser dienen kann, als im Garderegiment. Bald schon tritt er dem Svenska Scoutförbund bei.
„Ich verspreche auf meine Ehre, nach besten Kräften meine Pflichten gegen Gott und den König zu erfüllen, meinen Mitmenschen jederzeit zu helfen und dem Pfadfindergesetz zu gehorchen.“
Im großen Fackelkreis legt Graf Folke Bernadotte sein Pfadfinderversprechen ab und wird damit in die Pfadfinderbewegung aufgenommen. Von nun an veranstaltet der Graf große Pfadfinderlager und hilft dabei mit, die Zahl der Pfadfinder in Schweden zu verdoppeln. 1947 wird er Chief Scout der schwedischen Pfadfinder.
Als es 1939 zu einem Krieg zwischen Finnland und Russland kommt, organisiert der Graf Hilfeleistungen für das befreundete Finnland. Aber die Arbeit ist umsonst, Finnland verliert den Kampf gegen das übermächtige Russland. Während des Zweiten Weltkrieges beauftragt man ihn daraufhin, die Internierungslager in Schweden zu organisieren. 1943 organisiert er schließlich im Auftrage des Internationalen Roten Kreuzes den Austausch von Kriegsgefangenen. 20.000 sind es, die aufgrund seiner Hilfe vorzeitig ihre Heimat wiedersehen.
Er wird nun Vizepräsident des Schwedischen Roten Kreuzes. Im Auftrag des Internationalen Roten Kreuzes reist er zu allen Kriegsschauplätzen und verhandelt mit den verschiedenen Parteien über den Austausch von Gefangenen, die Freilassung von Zivilpersonen… Dabei setzt er sich erheblichen Gefahren aus. Mehrmals wird er ausgebombt oder entkommt nur knapp der Gefahr, im Flugzeug abgeschossen zu werden.
In dieser Funktion erreicht er es auch, dass er Hunderte skandinavischer Frauen aus Konzentrationslagern befreien darf. Er erreicht dies durch Verhandlungen mit dem „Reichsführer SS“ Heinrich Himmler, der sonst als „Erzschlächter“ bekannt ist. Graf Bernadotte gelingt es in weiteren Verhandlungen, etwa 30.000 Franzosen, Polen und Juden zu befreien. Noch am 21.4.45, zwei Tage vor dem Sturm der Russen auf Berlin, ist der Graf in Berlin und verhandelt über eine Kapitulation.
Sofort nach Ende des Krieges beginnt er, über das Schwedische Rote Kreuz Lebensmittel, Kleidung und Medikamente in die zerstörten Gebiete und vor allem nach Deutschland zu verschicken. Zwischen 1945 und 1948 erhalten z.B. viele Kinder ihre Schulspeisung aus der „Schwedenspende“. 1946 wird er N
achfolger seines Onkels als Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes.
Durch all das Elend, das er zu sehen bekommt, motiviert, beteiligt er sich am Entwurf der „Vierten Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung im Krieg“. Diese wird 1948 von der Internationalen Rotkreuz Konferenz angenommen. Dieser Erfolg ist sicher der Höhepunkt in seinem Leben.
Schon bald, am 18.5.48, erhält er ein Telegramm der Vereinten Nationen: „Sind Sie bereit, sich als Vermittler der Vereinten Nationen im Palästina Konflikt zur Verfügung zu stellen? Erbitte baldmöglichst Antwort. Trygve Lie, Generalsekretär der UN.“ Auch hier brauchen Menschen seine Hilfe und er übernimmt die Aufgabe. Schon eine Woche später ist er im Nahen Osten, der Krieg zwischen Arabern und Juden tobt. Ruhelos reist er umher, spricht mit arabischen Regierungen, mit der israelischen. Und schon nach 6 Wochen kann er einen Erfolg verbuchen, ein Waffenstillstand wird geschlossen. Aber immer noch liegen sich die Truppen kampfbereit gegenüber. Auf beiden Seiten herrscht bitterer Hass. Trotzdem wird ein Friedensplan erarbeitet. Aber schon während der Graf kurz in New York Bericht erstattet, bricht erneut Krieg aus. Graf Bernadotte kann schon kurz nach seiner Rückkehr einen erneuten Waffenstillstand erreichen, aber es bleiben die Spannungen, es bleiben Überfälle…
Graf Bernadotte versucht, einen gerechten Ausgleich zu finden, doch gerade das bringt ihm viele Feinde in den extremen Lagern auf beiden Seiten.
17.9.48 – Graf Bernadotte fährt in seiner grauen Limousine mit den Standarten des Internationalen Roten Kreuzes, sowie der Vereinten Nationen durch Jerusalem. Plötzlich stellt sich ein Jeep vor ihnen quer, zwei Männer in Uniformen springen heraus und eröffnen das Feuer. Und schon sind sie wieder weg! Zurück bleiben die Opfer, zwei Tote: ein französischer Oberst und Graf Folke Bernadotte. Er wurde getötet, weil er dem Kriege im Wege stand.
Zu dieser Zeit suchte die Pfadfindergruppe in Bergisch Gladbach einen Namen. Völlig unüblich in der damaligen Zeit benannte sie sich nach einer Person – Graf Folke Bernadotte.
Andreas Neuheuser (Otto)